In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen

Der 2. Fachtag der Land-Kirchen-Konferenz am 6. Mai stellte zwei Studien aus Bonn und Greifswald vor. Diese werteten innovative kirchliche Projekte in ländlich-peripheren Räumen aus. Trotz unterschiedlicher Ausgangsfragen und Forschungsdesigns konvergierten die Ergebnisse. (mehr)

Die Teams um Prof. Dr. Jürgen Hauschildt und Prof. Dr. Michael Herbst präsentierten deshalb als Fazit zehn gemeinsame Thesen: Die Kirche vor Ort ist entscheidend für kirchliche Projekte. Sich radikal verändernde Situationen fördern die Veränderungsbereitschaft, die Hinwendung der Gemeinde nach außen und damit Innovation. Am ehesten gelingt Innovation, wenn einzelne inspirierende Engagierte (heroes) mit einem Team Ideen entwickeln und gemeinsam umsetzen. Die Vielfalt der innovativen Modelle zeigt, wie vielfältig der Veränderungsbedarf ist. Je größer der Freiraum ist, desto mehr Freiraum bietet er für eigenständige Entwicklungen. Kirchenleitende Aufgabe ist, diese Entwicklungen mit den lokalen, regionalen und zentralen Akteuren durch Evaluation, Reflexion und Lenkung zu begleiten, um die veränderten Erwartungen, Rollen und Verantwortlichkeiten miteinander umzusetzen. Beruflich Tätige werden zu Unterstützerinnen und Unterstützern der Ehrenamtlichen. Hier besteht Qualifizierungsbedarf für Berufliche – und für Ehrenamtliche. Die steuernden Maßnahmen werden einerseits regionaler, andererseits internationaler ausgerichtet sein müssen, um übergreifende Impulse, auch aus der Ökumene und regionale Bedarfe zusammenzubringen.

Dass diese Erkenntnisse auch Konsequenzen für die Weiterarbeit der Land-Kirchen-Konferenz haben, zog sich wie ein roter Faden durch den Tag. Dr. Thies Gundlach, Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes räumte ein, dass sich die Verheißungen der bisherigen organisatorischen Umbauten in Kirchen und Gemeinden nicht erfüllt hätten. Grade auf dem Land sei die Kirche in Bezug auf die mögliche Arbeitsverdichtung an Grenzen gekommen und habe ihre Aktiven durch die geforderten Anstrengungen erschöpft. Durch missionarische Projekte wachsen Gemeinden kaum. Vielmehr werden die unterstützt, die da sind und nur Einzelne hinzu gewonnen.

Ähnlich fasste Oberkirchenrat Dr. Konrad Merzyn, die Ergebnisse der jüngsten EKD-Erhebung zur Kirchenmitgliedschaft zusammen: Flächendeckende Volkskirche geht nicht mehr. Wachsen gegen den Trend ist eine Illusion. Re-Evangelisation ist keine Lösung.

Denn: Religion als soziale Praxis hat für viele kaum noch Bedeutung.

Die religiöse Sozialisation ist gering: von allen in Deutschland befragten Personen bezeichnen sich im Westen 25% als religiös sozialisiert und im Osten 12%. Bei den Kirchenmitgliedern bezeichnen sich 66% als religiös sozialisiert. Nur wer Pfarrer oder Pfarrerin kennt, hat dann auch Interesse/Kenntnis an anderen kirchlichen Berufsgruppen.

Kirchenrat Dr. Jürgen Schilling, der die Veranstaltung moderierte und den Prozess der Land-Kirchen-Konferenz federführend steuert, rief dazu auf, in den Landeskirchen je eigenständig Land-Kirchen-Konferenzen zu konzipieren und zu verantworten. Auf EKD Ebene soll die Land-Kirchen-Konferenz in Zukunft verstärkt die ehrenamtlichen Akteure ansprechen, überkonfessionellen Austausch organisieren und internationale Beziehungen knüpfen.

Bildnachweis: Aufmerksame Delegierte in Kassel, Bild: H.G. Balzer

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