Vorschläge zur Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik von EDL und KLB

Vorschläge zur Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik

Die neue GAP – Einfach, transparent und verlässlich!

Die beiden großen christlichen Kirchen und ihre ländlichen Organisationen EDL und KLB fühlen sich dem Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft in ökonomischer, sozialer und ökologischer Dimension verpflichtet. Dieses wird konkretisiert durch unseren Fokus auf die bäuerliche Landwirtschaft mit inhabergeführten Betrieben, die eigenverantwortlich arbeiten und sich einer auf zukünftige Generationen ausgerichteten Erzeugung von Mitteln zum Leben, einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise, dem Schutz der Umwelt, dem Erhalt der natürlichen Artenvielfalt und dem Respekt vor den Mitgeschöpfen und der Schöpfung verantwortlich fühlen. Sie ist ins soziale ländliche Umfeld eingebettet, kann die ländliche Entwicklung vorantreiben und hat den Menschen mit seiner Arbeit und deren Entlohnung im Mittelpunkt. Dabei ist uns bewusst, dass es hierzu verschiedene Modelle der Landwirtschaft gibt.

Wir sind der festen Überzeugung, dass mit einer so ausgerichteten Landwirtschaft den vor uns liegenden Herausforderungen begegnet werden kann und Landwirtschaft dann weniger ein Teil des Umwelt- und Klimaproblems ist als vielmehr ein wesentlicher Teil der Lösung. Hierzu benötigen wir jedoch eine europäische Agrarpolitik mit zielführenden Instrumenten sowie Wertschätzung und Wertschöpfung für die Leistungen der Landwirte gleichermaßen.

Die neue Gemeinsame Agrarpolitik – Anreizsystem statt Ausgleichleistung

Die neue GAP muss den Umbau der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit fördern und bäuerlichen Betrieben neue Perspektiven schon mit der neuen Förderperiode aufzeigen. Wichtig ist uns, die unternehmerische Freiheit und die Kreativität der bäuerlichen Betriebe gut einzubinden und zu fördern. Förderprogramme der GAP bieten dabei den Rahmen und die nötigen Anreize, die Betriebe entscheiden, welche Maßnahmen sie durchführen. Eine Konkretisierung von Maßnahmen durch das Instrument der nationalen Strategiepläne ermöglicht bessere standortangepasste Förderprogramme und kann damit vor Ort wirklich passende Anreize bieten. Die nationalen Strategiepläne bergen aber auch die Gefahr einer Renationalisierung der Agrarpolitik und einer Verzerrung des Wettbewerbs innerhalb Europas.  Um dies zu verhindern, müssen die nationalen Strategiepläne eine fortschreitende Verbesserung in allen neun EU–GAP Zielen mit sich bringen. Eine einseitige Förderung, z.B. der Wettbewerbsfähigkeit zu Lasten von Umwelt- oder Klimazielen, darf nicht entstehen. Mit einer Halbzeitbilanz innerhalb der Förderperiode muss nachgesteuert werden.

Die erste Säule – Anreiz für ökologische und soziale Verbesserungen

In den von der EU-Kommission vorgeschlagenen nationalen Strategieplänen zu den sog.  Ecoschemes sollen Umwelt-, Biodiversitäts- und Klimaschutzkonzepte auf regionaler Basis erstellt und auf die betriebliche Ebene heruntergebrochen werden. Wir sind der Auffassung, dass diese Konzepte unter Beteiligung aller Akteure für eine Region entwickelt und von der landwirtschaftlichen Beratung verbreitet werden müssen. Um den Prämienanteil für diese freiwilligen Ecoschemes zu erhalten, fordern wir eine verpflichtende Teilnahme der Landwirte am Beratungsprogramm und die nachgewiesene Erfüllung der beantragten Maßnahme. Das holländische Modell des kollektiven Vertragsnaturschutzes, wo regionale Konzepte erstellt und umgesetzt werden, könnte ein Vorbild sein. Der Landwirt /die Landwirtin wird für die durchgeführte Maßnahme aus den freiwilligen Ecoschemes entlohnt.  Für die Wirksamkeit und Zielführung der Maßnahmen stehen die Mitgliedsstaaten in der Pflicht.

Die in Europa zurzeit geltenden Mindeststandards werden nicht in allen Ländern in gleicher Weise umgesetzt. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, muss als Grundvoraussetzung für den Erhalt von Prämien gleiche Konditionalität in allen europäischen Ländern geschaffen werden.

Für den Schutz und die Wiedervernässung der Moore sollen besondere Maßnahmen und Fördermöglichkeiten entwickelt werden.

Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Standards weiterhin durch Flächenprämien ausgleichen

Vergleichbare Regeln und Standards in Produktion und nachfolgenden Wertschöpfungsketten sind Voraussetzung für einen gerechten Markt. Das gilt sowohl innerhalb der EU als auch für Importe aus Drittländern in die EU. Innerhalb der EU werden die Waren im Binnenmarkt ohne Einschränkungen gehandelt und stehen im Wettbewerb untereinander. Deswegen gibt es keine Alternative zu einer europäischen Lösung in der Agrarpolitik. Da der internationale Agrarhandel mit Agrarprodukten in und aus Drittstatten ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, muss die GAP 2020 sowohl die Angleichung der Standards und Prämien innerhalb der Länder Europas als auch den Import von Nahrungsmitteln aus Drittländern regeln.

Wir fordern, dass die innerhalb der EU geltenden gesetzlichen Produktionsstandards deshalb auch für Agrarimporte gelten müssen.

Unterschreiten importierte Lebensmittel soziale und ökologische Standards, wie z.B. Importe aus dem Regenwald Brasiliens, so dürfen sie nicht auf den europäischen Markt kommen. Sonst haben europäische Landwirte keine Chance im Wettbewerb. Dies würde auch der Intention des geplanten Lieferkettengesetzes entsprechen.

Die bislang bestehenden Wettbewerbsnachteile Europas durch höhere Umweltstandards gegenüber Drittstaaten belaufen sich in der Landwirtschaft Schätzungen nach auf ungefähr 110 € pro Hektar. Solange diese Wettbewerbsnachteile bestehen, sind wir allen Landwirten Planungssicherheit gegenüber den Weltmärkten schuldig, gleich welches Produktionsmodell sie vertreten. Bäuerliche, inhabergeführte Betriebe sollen daher eine Flächenprämie in Höhe dieses Wettbewerbsnachteils von 110 € abzugsfrei erhalten.

Ab der nationalen Durchschnittsbetriebsgröße (derzeit sind dies 68 ha) wird diese Flächenprämie von 110 € degressiv abgeschmolzen. Die Arbeitskräfte im landwirtschaftlichen Betrieb sollen in der Höhe des nationalen Durchschnittseinkommens berücksichtigt werden.

Die verbleibenden Fördermittel sollen für die ökologischen und klimafreundlichen Maßnahmen sowie für Verbesserungen des Tierwohls in der ersten Säule verwendet werden. Der Prämienumbau muss frühzeitig kommuniziert werden, um die Planungssicherheit zu erhöhen. Für Betriebe über der Kleinerzeugerschwelle (aktuell 16 ha) sollte eine Beratungspflicht für eine einzelbetriebliche Nachhaltigkeitsberatung erfolgen.

Existenzgründerprämien jeglicher Art werden von uns begrüßt.

Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild in der ersten Säule:

  1. Eine sanktionsfreie Grundprämie pro Hektar bis zur nationalen Durschnittgröße eines landwirtschaftlichen Betriebes in Deutschland in Höhe von ca. 110 € zum Ausgleich für höhere Produktionsstandards in der EU (ca. 1/3 der bisherigen Hektarprämie)
  2. Oberhalb der nationalen Durchschnittsgröße ist die Prämie degressiv zu gestalten.
  3. Eine Förderung von freiwilligen Maßnahmen für Gemeinwohlleistungen im Umwelt-, Klima- und Tierwohlbereich in Höhe von ca. 2/3 der bisherigen Förderung. Die Maßnahmen werden in den nationalen Strategieplänen beschrieben. Diese Module werden ohne Flächenbezug angeboten, um den Umbau zu einer umweltfreundlichen Landwirtschaft zu beschleunigen.
  4. Berücksichtigung der Arbeitskräfte bei der anteiligen Hektarförderung.
  5. Beratungspflicht bei der Umstellung der Module zum Umbau.

Die Zweite Säule

Alle ELER Mittel sollen der ländlichen Entwicklung und der Landwirtschaft zu Gute kommen. Aus der ersten Säule in die zweite Säule umgeschichtete Mittel (Modulation) sollen für ökologische, klimafreundliche und Tierwohlmaßnahmen, jedoch dabei ausschließlich der Förderung landwirtschaftlicher Betriebe dienen.

Tierwohl – Zeit zum Handeln

Dem Umbau der Tierhaltung kommt eine besondere Bedeutung zu, angesichts von Grundwasserproblematik, Ernährungsfragen, Futtermittelimporten aus Regenwäldern und Gesundheit. Deswegen sollen die Ecoschemes für Tierwohlmaßnahmen offen sein. Das bedeutet, dass neben Investitionen in Stallbau usw. auch Fütterung, Weidegang und andere Maßnahmen aus den Ecoschemes gefördert werden können.

Ein Umbau der Tierhaltung, die das Tier als Mitgeschöpf anerkennt und mehr Tierwohl fördert, erfordert höhere Mittel und Sonderfonds. Eine gangbare nationale Finanzierung wäre aus unserer Sicht eine Abgabe auf tierische Produkte. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen im Bundeshaushalt sollen zweckgebunden für den Umbau der Tierhaltung verwendet werden.

Fazit: Innovation durch Förderung von bäuerlicher Flexibilität

Wichtig ist uns die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Betriebes innerhalb klarer standortangepasster Grenzen. Landwirte und Landwirtinnen sollen innovativ tätig sein können und standortangepasste Maßnahmen finanzieren können. Fehlerfreundlichkeit und Fehlertoleranz sowie Verhältnismäßigkeit der Kontrollen und der Sanktionsmaßnahmen sind wichtige Gestaltungsprinzipien. Der Abbau der inzwischen überbordenden Kontrolladministration (bis zu 30% der Mittel) zugunsten wirkungsvoller und sparsamer Kontrollen ist notwendig.

Bad Honnef und Altenkirchen am 19. März 2020

Hier als pdf-Version:  die neue GAP

 

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